Schützenfest-Erinnerungen eines alten Erkrathers

von Wilhelm Karres

Quelle: "Die Heimat" Nr. 6 / Juni 1964

 

"Seit jeher hat die St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft ihr Jahresfest zehn Tage nach Pfingsten, Fronleichnam, begangen. Da bis 1906 noch kein Schützenplatz da war, wurde das Schießen der Bruderschaft am "Schötte-Ruth" (Schützen-Rute, d.h. das dem Schützenplatz zugewiesene Gelände) ausgetragen. Noch heute ist das Gelände am Eingang in den "Kochs-Wald" an der Papierfabrik Bernsau erkennbar. In dem stillgelegten Steinbruch waren die Schießstände so aufgestellt, dass fehlgehende Büchsenkugeln in den Wald gingen.

 

Am Freitag nach Fronleichnam war das traditionelle Königs- und Preisvogelschießen, mit dem sich allerlei Vergnügungen für alt und jung verbanden. Da gab es Sacklaufen, Stangenklettern, Hahnenköpfen und auch ein Wettbewerb, Frösche auf einrädrigen Schiebkarren mölgichst weit zu fahren, ohne daß die gründen Hüpfer absprangen. Die besten Buben und Mädel wurden mit Preisen belohnt. Unter einer alten, knorrigen Eiche hatte sich indessen eine Musikkapelle niedergelassen und spielte Märsche und Tänze. In einer dastehenden alten Scheune wurden bei schlechter Witterung Speisen und Getränke ausgegeben, was sonst draußen auf selbstgezimmerten Tischen und Bänken vor sich ging.

König 1929 Joseph Hucklenbroich. Quelle: Protokollbuch der SSB
König 1929 Joseph Hucklenbroich. Quelle: Protokollbuch der SSB

Das Laden der schweren Donnerbüchsen geschah mit Zündhütchen, Pulver und Bleikugeln, die mit Holzhammer und Ladestock in den Büchsenlauf eingeschlagen wurden. Während des Preis- und Königsvogelschießens ging es im Kreise der Teilnehmer wacker über die Bierfässer her.

 

Im Anschluß an den Königsschuß war man bis zum Eintritt der Dunkelheit recht munter. Die Musik blies zum Antreten. Auf der Straße legten die Schützen gruppenweise einen Parademarsch vor den neuen König hin, vor der Geistlichkeit und Vertretern der Behörden. Beim Abmarsch von der "Schötte-Ruth" zum katholischen Pfarrhaus durften die Erkrather Jungen die Büchsen der Sebastianer mit einem Blumensträußchen im Lauf tragen und im Zug mitmarschieren. Vor dem Pastorat gab es zu den Klängen der Musik ("Freut euch des Lebens") das überlieferte Fahnenschwenken, das einst Schneidermeister August Weyer meisterlich vorführte. Danach marschierte die Bruderschaft mit dem neuen und dem alten König durch den Ort zum Festlokal, wo die Krönung des neuen Königspaares vollzogen wurde.

 

Da damals in Erkrath noch kein Schützen- und Kirmesplatz vorhanden war, wurden die Schaubuden auf der Kirchstraße an der großen Mauer längs der katholischen Kirche aufgestellt. Karussel und Schaukel - falls mal eine da war - bekamen ihren Platz auf dem Hof der katholischen Schule oder einem anderen Freigelände. 1906/07 ist dann in der Brauerei (früher Wilhelm Liethen) ein neuer Schützenstand mit Kugelfang errichtet worden. In jenem Jahr wurde Landwird Josef Blind vom Steinhof zum neuen König proklamiert. 1907/08 wurde Sattlermeister Heinrich Pohlmann als erster König auf dem 1908 geschaffenen Schützenplatz ausgeschossen. Am Fronleichnamstag pflegte die Prozession unter Glockenklängen und Böllerschüssen durchs Oberdorf, an den vier Segensaltären vorbei, zu ziehen. Der Schlußsegen wurde in der Kirche unter machtvoller Horn- und Orgelmusik gespendet. Der Verfasser dieser Zeilen erinnert sich noch daran, wie Klempner Johann Kahhres sen., damals auf der Kreuzspitze der Pfarrkirche zur schönen Feier eine Fahne hisste, die weit über Erkraths Fluren zu sehen war."

 

Weitere Informationen über die Schießstände der Bruderschaft finden Sie hier.

Hier ein alter Film von 1939, der die Fronleichnamsprozession und das Schützen- und Volksfest näher zeigt.

Quelle: "Fronleichnam" von cilshoffmann. Zu finden auf http://digit.wdr.de/
Video von vimeo.com (externer Link).